Montag, 18 Juli 2022 09:48

Was macht Yoga zu Yoga? ahimsa Featured

Yoga wird sehr oft mit Sport gleichgesetzt. Oder als eine Art Fitnessprogramm gesehen, was man so abspult und dann seinen Haken macht auf der inneren Liste, die beruhigen soll. Was man in eine Reihe stellt mit dem Fitnessprogramm im Studio mit all seinen Angeboten von Krafttraining und von Aerobic bis Zumba.

Ich höre auch immer wieder, Yoga ist nichts für mich, ich bin nicht sportlich, gelenkig, dünn usw.

Oder, ich möchte jetzt bewusst etwas für mich tun, deshalb höre ich auf mit dem (stressigen) Yoga, um mehr Zeit für mich zu haben, das ist mir zu sehr Verpflichtung.

Leider wird in unsere Gesellschaft und auch durch die Regierung der Bundesrepublik Yoga in die Fitness und Sport Ecke gedrängt, wie man sehr gut am Verbot der Yogakurse während der Corona Pandemie sehen konnte.

Dass Yoga Prävention ist, darum kämpfen wir gerade im Berufsverband der Yogalehrenden.

Yoga hält auf gewisse Art fit, ist aber dennoch viel mehr als das. Yoga folgt einer uralten Lehre, die auch Verhaltensweisen beinhaltet, die wie eine Art moralischer Kodex funktionieren.

Als sogenannte yogische Grundprinzipien werden die beiden ersten Stufen des achtgliedrigen Yogawegs bezeichnet, erstmals formuliert von dem Weisen Patañjali vor sehr langer Zeit. Diese definieren moralische Verhaltensregeln gegenüber anderen und sich selbst gegenüber. Sie erinnern ein wenig an die zehn Gebote, sind aber nicht als starre Regeln zu verstehen, sondern als sanfte Aufforderung, das Leben und unsere Rolle darin zu hinterfragen.

Diese Prinzipien lauten: ahiṃsā, satya, asteya, aparigraha, brahmacarya, śauca, santoṣa, tapas, svādhyāya und īśvarapraṇidhāna, wobei die ersten fünf das Verhalten gegenüber Anderen beschreiben und die letzten fünf den Umgang mit sich selbst.

Ich möchte diese Prinzipien hier eines nach dem anderen vorstellen und auch näher darauf eingehen. Sie lauten:

 

ahiṃsā - Gewaltlosigkeit

 

satya - Wahrhaftigkeit

 

asteya - Nicht-Stehlen

 

aparigraha - Zügelung der Begierden

 

brahmacarya - Akzeptanz des Göttlichen

 

śauca - Reinheit

 

santoṣa - Zufriedenheit

 

tapas - Selbstdisziplin

 

svādhyāya - Selbststudium

 

īśvarapraṇidhāna - Urvertrauen

 

 

1. Ahimsa – Gewaltlosigkeit

Das erste Prinzip ist ahiṃsā – nicht verletzen, nicht schädigen, Gewaltlosigkeit auf den Ebenen des Sprechens, des Denkens und des Handelns. 

Ich denke, dass ahiṃsā das allerwichtigste Grundprinzip ist. Keine Gewalt gegenüber anderen anzuwenden ist in unserer Gesellschaft als moralisches Grundprinzip verankert, was wir dabei aber oft außer Acht lassen ist, das ahiṃsā auch Gewaltlosigkeit gegenüber sich selbst bedeutet. Und darauf baut die Yogapraxis auf. Ich erkenne meinen Körper und dessen Grenzen, das bedeutet auch für die einzelnen Yoga Haltungen, dass ich nur so weit hineingehe, wie mein Körper es erlaubt, konkret, der Schüler versucht nicht, sich in die Haltung zu zwingen, nur weil der Lehrer oder derjenige auf der Matte daneben es so oder so tut.

Wende ich als Lehrer ahiṃsā an und gebe ich dies meinen Schülern mit und komme ich immer wieder darauf zurück, bekomme ich Schüler, die achtsam mit sich und ihrem Körper umgehen, die die Haltung nicht als Wettbewerb verstehen und sich und ihren Körper nicht als Baustelle, sondern sie erleben eine echte Erfahrung und wachsen daran. 

Und auch das gehört zu ahiṃsā… Auch wenn wir uns alle für freundliche und friedliche Wesen halten und es wahrscheinlich im Großen und Ganzen auch sind: Wir lästern dennoch gerne über andere Menschen und rollen mit den Augen, wenn uns etwas nicht passt, oder wir konsumieren ohne Bedacht Produkte, die es nur geben kann, weil ein anderes Lebewesen dafür gelitten hat. Wir freuen uns, wenn jemandem, den wir nicht mögen, ein Ungeschick geschieht und empfinden Schadenfreude. Wir schimpfen uns selbst für Fehler, von denen wir denken, sie nicht machen zu dürfen und jagen unseren Vorstellungen von Selbstoptimierung nach, vermeintlich vorgegeben von unserer auf Ablenkung und schnellen Wechsel ausgerichteten Gesellschaft.

Das alles beinhaltet der Begriff ebenfalls, und plötzlich wird uns klar, dass es bei uns selbst noch sehr viel zu tun gibt. Es geht also darum, sich so (achtsam) durch die Welt zu bewegen, dass möglichst geringer Schaden angerichtet wird.

Dabei versuchen wir, soweit es uns bewusst möglich ist, alles zu unterlassen, was ein lebendes Wesen verletzen könnte, ob durch Denken, Worte oder Taten. 

Außerdem lassen wir uns in unserem Handeln sehr von unseren Gefühlen leiten.

Und dass wir nicht unsere Gefühle sind, haben wir alle schon mal in der einen oder anderen Weise gehört.

Wenn wir mal innehalten und uns unserer Gefühle bewusst werden, der erwünschten wie Freude und vor allem auch der unerwünschten, wie Wut oder Trauer, diese nicht gleich zur Seite schieben oder verdrängen, sondern sie aushalten und beobachten, auch wenn es schmerzhaft ist, verlieren sie ihre Kraft und ihren Einfluss auf unser Handeln. 

Kurzum: Wenn du mit dir selbst achtsam, nachgiebig und liebevoll umgehst, wird es dir auch bei anderen gelingen.

ahiṃsā bedeutet auch, sich selbst nicht ständig zu verurteilen, das eigene Handeln zu werten, sondern auch mal spielerisch an die Dinge heranzugehen und zu beobachten, was passiert. Ohne Erwartung an uns selbst und ohne Wertung in gut oder schlecht, schwarz oder weiß. Mit dieser Haltung werden wir ebenfalls nachsichtiger mit uns und üben weniger Gewalt aus. 

Dieses Prinzip gilt dann, um den Kreis wieder zu schließen, auch auf der Yogamatte: Wir sind so sehr nach dem Motto „no pain no gain” sozialisiert, dass wir oft Negatives erwarten oder wir meinen, Gutes nicht zu verdienen. Darum strengen wir uns in unserer Yoga-Praxis zu sehr an und verausgaben uns, um ein Ziel zu erreichen, um „besser” zu werden. Dabei geht es weder darum, ein Ziel umzusetzen erreichen, noch um schlechter oder besser. 

Mit dem Prinzip von ahiṃsā kannst du lernen, liebevoll mit dir selbst umzugehen.

Schau im Kurs auf dich, achte auf deine Atmung, bleibe bei dir und genieße die Langsamkeit. Reflektiere deine Gefühle, lasse sie auch zu. Erkenne die feinen Unterschiede der Empfindungen vor und nach der Yogapraxis.

Akzeptiere, dass es dir nicht jeden Tag gleich geht und auch die Praxis vollkommen unterschiedlich werden kann und auch anders wahrgenommen werden kann.

Sei offen und bleibe neugierig. Bleib in der Kindeshaltung, wenn es das ist, was dir jetzt gerade gut tut. 

 

Gib Yoga eine Chance, mehr zu sein als bloße Bewegung.

 

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