Das mit der Morgenprxis ist ja so eine Sache, die sich in der Theorie und in den ganzen Wohlfühlratgebern total toll anhört, aber in der Praxis, morgens, verknatscht und verknittert, und mit einem Kopf voller viel wichtigerer Dinge,wie zum Beispiel das Handy, die Katzen, die Wäsche, die Arbeit, die Emails, die Wollmäuse auf dem Fussboden, an der Umsetzung grandios scheitert, meistens schon am zweiten Tag.
Eine ganze Horde Schweinehunde macht sich auf der Matte breit und mir ist das ganz recht so, denn ich habe ohnehin Besseres zu tun.
Jetzt gebe ich dem Ganzen aber doch ein Gerüst, und das habe ich Ananda Leone zu verdanken, der unser letztes Yogawochenende geleitet hat. Der Mann ist das, was einem "Guru" am nächsten kommt, und dabei so fröhlich und bodenständig wie ein kleiner Junge. Ich versuche seit Monaten verschiedene Dinge, Meditation im Bett, Meditation vor dem Bett, Yogaübungen gleich nach dem Aufstehen, Atemübungen im Bad, Yoga nach dem morgendlichen Rumgeräume...
Der wundervolle Ananda, den ich (voller Verzweiflung) nach seinem Rat für eine funktionierende Morgenpraxis gefragt habe, hat mir seine verraten und dass die aus einer einfachen Formel besteht: Asanas, Atemübungen, Meditation. Jeder dieser Abschnitte kann mal fünf, mal zehn, mal zwanzig Minuten dauern, wobei die Reihenfolge ziemlich sinnvoll ist, denn die Asanas, also die körperlichen Übungen, wecken die Muskeln, die Wirbelsäule und den Bewegungsapparat im Allgemeinen, die Atemübungen wecken die Lunge, das Zwerchfell und die Energiebahnen und regen den Stoffwechsel an und die Meditation entlässt einen in den Tag mit einer Ruhe und Gelassenheit, wie es die Wollmäuse oder die Wäsche niemals hinkriegen würden.
Das, was daran so einfach ist und was man dann wirklich jeden Tag machen will, vor allem, wenn das mal ein paar Tage klappt, ist die Freiheit, einfach loszulegen, nach Gefühl. Ein paar Katze-Hund-Abläufe gehen schnell, ein paar Sonnengrüsse auch. Der Feueratem zum Beispiel ist in drei Minuten durch. Die Meditation kann geführt sein oder mit einer Tasse Tee in der Hand am Fenster sitzend.
Schön daran ist auch, dass die Morgenpraxis ihren Schrecken verliert, weil sie nur die Morgenpraxis ist und nicht die Yogapraxis im Allgemeinen ersetzt.
Die Stunde Yoga am Nachmittag oder am Abend, auf die ich meistens richtig Lust habe, mache ich dann ohnehin. Aber den Morgen mit einen wohltuenden Ritual zu starten tut schrecklich gut.
Es hat den Oktober gebraucht, um das zu kapieren und umzusetzen und in eine Routine zu verwandeln. Das macht mich ganz schön stolz, weil, tja, als Yogalehrerin bin ich zwar auch nur ein (oft sehr fauler) Mensch, aber wenigstens einer mit einer ordentlichen Morgenpraxis :)